Die kleine Fahrt zur großen Party

6:25
6 Uhr 25... endlich mal Luft holen, das erste echte Mal an diesem Morgen...

Wecker auf 4:50, aufgestanden fast zuviel danach, Berge erhetzt, um den Bus um 41 zu erwischen - verpasst, weitere Berge erhetzt, um das unwichtig werden zu lassen und die Bahn um 47 zu erwischen - die nicht existiert, weil sie zwischen 27 und 57 nicht fährt, und am Bahnhof dann nochmal Treppen erhetzt und gerade noch rechtzeitig zum Treffen... Jetzt im Zug endlich mal durchatmen... jetzt ist erstmal Ruhe bis Bielefeld...
Nunja... aber es ist es wert... oder sollte zumindest... Schließlich wartet heute die genialste Party der Welt auf uns. Das kann man sich natürlich nicht entgehen lassen und nimmt deshalb mehr oder weniger gerne SchlafBlackouts, rote, verschlafene Augen und die lieben Gefährten in Kauf...

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6:56 Noch nicht ganz Bielefeld...
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Es ist noch nicht Bielefeld... Keine Sorge, es ist nichts passiert. Es haben keine Piraten den Zug geentert, alle unsere Gleise sind soweit in Ordnung, dass wir noch fahren und und schnell unserem Ziel nähern.
Ich musste unbedingt noch eine Erkenntnis mitteilen... Als wir zu der Party nach Paderborn unterwegs waren, da waren wir erst abends losgefahren und haben dann in der Nacht gefeiert. Und wenn man abends losfährt, dann sind die meisten Mitfahrer in der Bahn noch einigermassen wach, so dass man hübsche Mädels einfach mal ansprechen kann.
Das funktioniert frühmorgens natürlich nicht ganz so gut... Sollte man es da wagen, schlafende Schönheiten zu wecken, kann man sich hundertprozentig sicher sein, dass sie nie etwas von einem wissen wollen werden. Kann ich aber auch gut verstehen. Ich wäre wohl auch sehr brummig, wenn mich jemand nahezu grundlos aus meinem Schönheitsschlaf reißen würde.

Also bleibe ich lieb hier sitzen, genieße die Aussicht durch die Fenster auf den Nebel und überlege, ob ich vielleicht auch nochmal einschlafen sollte. Ich weiß seit langem, dass das nicht klappt, wenn man einmal wach ist, aber man kann ja wohl noch überlegen...

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7:15 Ahlen - Westfalen
Wer hat die besten Karten?

Bube, Dame König grAs,
Schach und Matt
"Sag mal, hast Du die Karten?"
"Ich dachte, die hättest Du..."
"Wer hat denn jetzt eigentlich die Karten?"
"Frag mal den Kollegen dahinten, dessen Name ich nicht kenne, der aber trotzdem mit uns fährt."
"Dazu müsste ich doch aufstehen" (müde)
"Ich sitz aussen, ich komm hier nicht raus."
"Ich lass Dich raus."
"Ach nein, nicht nötig."
Man selber lehnt sich zurück, ist sich sicher, dass irgendwer die Karten hat, möglicherweise, ohne es zu wissen... und hofft, dass keiner bemerkt, dass man da ist... denn sonst könnte man ja selbst nach hinten geschickt werden.
"Guck mal, der schläft schon wieder."
(Eigentlich stellt sich "der" nur schlafend, aber das müssen die ja nicht wissen.)
Irgendjemand ist dann doch nach hinten gegangen, durfte sich hinterher seinen Platz zurückerorbern und ich bin verschont worden.
Allerdings weiß ich jetzt immer noch nicht, wer die Karten hat.

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8:39 Löhne - wieder Westfalen

"Endlich" umgestiegen... eine andere Bahn... und immer noch überfüllt... aber wenigstens ist der Großteil der Leute inzwischen weniger müde... bis auf den Gefährten, der die Herausforderung, durchzumachen, ernst genommen hat und noch Stunden müde bleiben wird.
Gibt es irgendwas neues zu berichten?... eigentlich nicht... wir sind relativ zeitpünktlich an Bielefeld-Hauptbaustelle angekommen.. und relativ zeitpünktlich wieder von dort losgefahren... nach einer Viertelstunde Wartezeit neben Baustellenabsperrungen... Halbes Gleis und eigentlich erwartet man diese Polizeibänder "Crime Scene - Please don't cross"
Weiterhin rauschen Straßen, Landschaften und Häuser am Fenster vorbei, und wäre da nicht der fehlende Nebel, so könnte man sicher sein, dass es der gleiche Film wie schon seit Beginn der Fahrt ist.
Inzwischen wissen wir, wer die Trumpfeingangskarten in der Tasche hat und wie die Person mit den Fortbewegungskarten wird sie keine Sekunde aus den Augen gelassen.
Nebenbei habe ich auch noch erfahren, dass das erwartete Ende der Fahrt ein paar Stunden später liegt, als ich gedacht hatte. Auch werden wir noch öfter umsteigen. Es gibt 2 Dinge, die mich davon abhalten, umzukehren und aufzugeben:

this ist me, logging out at "irgendwo zwischen Bahnhöfen, laut Rudi noch irgendwo in Westfalen."

Lange, lange später..
inzwischen ist die Party vorbei und wir befinden uns auf dem Weg nach Hause...

Die wichtigste Frage: War es schön ?...
Die wichtigste Antwort: Ja... es war sehr interessant. Wir haben viele interessante Leute getroffen und jede Menge Spaß.
weniger wichtige Fragen: War es wert, 4,5 Stunden hinzufahren, 4,5 Stunden zurückzufahren, um 5 Stunden auf der Party anwesend zu sein?
weniger wichtige Antwort: hmmm... ich bin mir nicht sicher... unter gleichen Konditionen (den Wecker um 4:30 dröhnen zu hören, dreiviertelstundenlang in der Bahn zu stehen, ...) würde ich es nicht nochmal machen... tut mir leid...
Aber gottseidank haben wir sichergestellt, dass die nächste Party, bei der wir mitmachen sollen, ganz andere Konditionen haben muss... Es muss ja kein Flieger sein, aber Wochenendticket steht ausser Diskussion... Hotelübernachtung wäre auch mal ein positiver Punkt. Mal schauen, was da so passiert... ob und wann die nächste Grossparty ist.

Nun ist die Rückfahrt... mit ICE 2 Stunden... mit Wochenendticket 4 Stunden, umsteigen, hetzen, um die Rücklichter von Zügen zu sehen (aber dann doch noch den Zug von innen) und der ständigen Frage: WIESO?

This is me, logging out irgendwo nach "Porta"... und Westfalica hat uns wieder.

Und wieder "Ahlen - in Westfalen"...
Der Name ist doch nicht wirklich ernst gemeint...

Im Gang spielen zwei Flugenten (kleiner Junge und ein kleines Mädchen) irgendein Spiel, was mit viel Rennen zu tun hat... zumindest fliegen sie alle paar Minuten wieder vorbei... mal mit Pullover, mal ohne, mal mit einer zusätzlichen Jacke... Es ist doch unglaublich, dass diese Kinder, die doch "achsoviel" Schlaf brauchen, um diese Uhrzeit noch durch die Gänge fliegen... Es ist nicht wirklich unangenehm... Es macht die Fahrt einfach witziger und interessanter...
Ich muss etwas über die Schläfrigkeit der Leute um bestimmte Uhrzeiten revidieren... Man kann sowohl um frühmorgends Leute finden, die mehr in ihren Sitzen liegen als sitzen und nicht ansprechbar sind... aber auch zu späteren Zeiten (noch nicht nacht) findet man so einige, die direkt zwei Plätze verwenden.
Es sind die gleichen Landschaften. Inzwischen ist der Gedanke zur Gewissheit geworden... Allerdings ist das auch nicht allzuschwer herzuleiten... Wir sind auf der Rückfahrt und fahren die gleiche Strecke wie zuvor.
Was macht man eigentlich, wenn es nix besonderes gibt, weil die Landschaften wiederholt werden?
man fängt an, seine Mitreisenden zu beobachten... Einen Block weiter sitzen zwei junge Mädchen (falls sie dies je lesen - Grüße!), die über alles mögliche diskutieren... Den Bericht darüber, wie eine Ente im Garten der einen Familie vergewaltigt wurde und wie diese Ente hinterher im Nachbarsgarten schmollte, konnte ich noch einigermaßen mitverfolgen, danach wurden die Gedankensprünge über Schulen, Ausbildung, Jungs und deren Lebensläufe und Zukunftspläne sowie Berichte über unzählige andere Bekannte (wie können die sich das alles nur ohne Lexikon merken?) einfach zu schwer, zu schnell und zu plötzlich für mich...
Jemand hat die beiden gerade gebeten, die Plätze etwas zu befreien, indem sie ihre Taschen zu sich nehmen. Das ganze war eher weniger als mehr höflich... Haben die beiden auch laut bemerkt - natürlich zuckerhöflich...
Ist nicht eskaliert. Trotzdem kann ich diesen Jemand im Sitz hinter mir nicht wirklich leiden... muss ich wahrscheinlich auch nie...
Und wieder flogen die beiden Zugvögel vorbei... der flinke Knabe heisst wohl Sascha...
Die beiden Mädchen sind inzwischen ausgestiegen... "Hamm"... Ich hätt' sie gerne angesprochen... vor allem bin ich mir fast sicher, dass ich die eine kannte...

This is me, logging out before "naja... dann halt keine Durchsage"

Direkt nach Dortmund, Richtung Köln...
und die beiden Vereine haben gerade ihr Match beendet...

Infolgedessen stürmen Milliarden von Fussballfans beider Vereine in den Zug, begleitet von freundlichen BGS-Beamten... Das Spiel ging 2 zu 1 aus... für wen, weiß ich nicht mehr. Langsam wird es hier eng... Die Fans scheinen aber zum größten Teil zivilisiert zu bleiben. Sind halt auch nur Menschen... wenn auch seltsame Menschen in seltsamen Farben mit Fahnen, Tröten und dummen Sprüchen über andere Vereine.

Mehr oder weniger entspannt lehne ich mich wieder zurück und versuche, den Rest der Fahrt zu genießen...
Es ist auch eigentlich nichts mehr passiert, und somit kann ich das Fahrtentagebuch hier beenden.

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